Ägypten.
Das sind gewaltige Monumente aus längst vergangenen Zeiten. Pyramiden, Tempelanlagen und andere kulturhistorisch sehr wertvolle Stätten aus einer Ära in der Ägypten weite Teile des Norden Afrikas und darüber hinaus beherrschte. Längst vorbei ist das. Und da ist Kairo. Heute eine der größten Städte der Welt. Nicht Wenige schätzen die Einwohnerzahl auf mittlerweile 30 Millionen. Unser Weg führt uns dahin, um gesammelte Spendengelder zu überbringen, neue Kontakte zu knüpfen und die Welt ein kleines bisschen besser zu machen.
20. Juni
Machmud empfängt mich in meinem Guest House direkt an den Pyramiden und zeigt mir mein Zimmer, welches für die nächsten Tage mein Zuhause sein wird.
Er hilft hier aus, um sich sein Studium zu finanzieren. Seine Familie wohnt zu weit weg, um morgens und abends hin- und zurückzulaufen. Daher schläft er im Hotel in einem Zimmerchen hinter der Rezeption. Wie so viele Ägypter unterstützt er mit dem verdienten Geld seine Familie.
Das Leben hier in Kairo ist teuer geworden. Lebensmittel, Benzin und Energiepreise sind stark gestiegen, teils explodiert. Dagegen stagnieren die Löhne auf niedrigem Niveau.
Die Touristen, die wichtigste Einnahmequelle bleiben aus. Aus Angst.
Auch Hassan, der Taxifahrer hat Angst. Angst, seinen Job zu verlieren, und seine Familie nicht mehr ernähren zu können. Mit staatlicher Unterstützung ist nicht zu rechnen. Daher will er nach Israel auswandern, um dort mit Frau und Kindern ein besseres Leben zu finden. Die unterschiedlichen Religionen, so findet er, dürften doch kein Widerspruch sein, sondern führten letztlich alle zu einem Gott. Seine Einstellung gefällt mir, obschon Ihm die politische Situation eine Ausreise unmöglich macht. Eben diese Situation macht es vielen schwer, eine adäquate schulische Ausbildung zu bekommen, staatliche Schulen können nur das Notwendigste vermitteln, private Schulen kann man sich nur schwer leisten.
Die Verzweiflung ist groß. Bei viele Menschen mit denen ich sprechen konnte. Die Wirtschaft schwächelt und treibt die Menschen, die ohnehin schon am Existenzminimum leben in noch größere Schwierigkeiten. Wie so oft in der Welt steht auch in Kairo großem Reichtum große Armut gegenüber. Besonders da wo uns der nächste Tag hinführt.
21. Juni
Adels Geschäfte gehen schlecht. Er ist einer der vielen Händler auf dem Gizeh Plateau. Der tägliche Kampf um die relativ wenigen Touristen, die er herumführen oder etwas verkaufen kann kostet Ihn viel Kraft. Er hat eine neunköpfige Familie zu ernähren. Die Ungewissheit über die Zukunft lässt ihm keine Ruhe. Mit seiner Frau, den Kindern und einem Enkel teilt er sich drei Schlafzimmer im Haus am Rande einer der Müllviertel Kairos. Es ist unerträglich heiß darin. Es schimmelt. Seine 21-jährige Tochter mit Ihrem zweijährigen Kind schläft in einem Zimmer mit zwei Ihrer Brüder. Sie ließ sich scheiden, nachdem Ihr Ehemann Sie immer wieder geschlagen hat.
Überschwängliche Gastfreundschaft erwartet uns als wir das schlichte Heim betreten. Besuch aus anderen Ländern hat man hier im Viertel so gut wie nie. Touristen kommen nicht hierher, warum auch. Cocktails oder Klimaanlagen würde man hier vergeblich suchen.
Wir setzen uns an einen reicht gedeckten Tisch auf den Boden und lassen uns schmecken was Adels Frau und seine Tochter gezaubert haben. Eigentlich können Sie sich das üppige Mahl finanziell gar nicht leisten, für Gäste tut man hier aber alles. Immer wieder, so auch hier, begeistert mich die Herzlichkeit der Menschen. Herzlichkeit im Angesicht großer Armut. Man teilt, was man hat. Mein Haus ist Dein Haus. So oft habe ich dies in den wenigen Tagen hier gehört.
Doch wir können den Menschen auch etwas geben. Unsere gesammelten Spendengelder werden mit großer Dankbarkeit entgegengenommen. Mit dem Geld kann Adel anfangen, sein Haus auszubauen, um mehr Platz für seine Familie zu schaffen. Dies ist sein dringlichstes Anliegen. Freilich reicht das Geld dafür nicht aus, ein hoffnungsvoller Anfang kann damit aber geleistet werden. Da die allgemeine Preisentwicklung in Ägypten aber unkalkulierbar geworden ist muss schnell gehandelt werden. Wir versprechen Ihm, alles zu tun, um weiterhin Hilfe bieten zu können. Ehrliche Freude, Hoffnung, Dankbarkeit und Glück strahlen aus seinen Augen als er das hört.
Der Abschied naht spät nachts und nach langer Verabschiedung verlassen wir das Viertel durch staubige Straßen, an deren Rändern sich Müll sammelt, der nur ab und zu von städtischen Behörden abgeholt wird. Wenn überhaupt.
Wir fallen auf. Sicherlich werden wir noch lange Thema vieler Gespräche in Adels Nachbarschaft sein, in denen man sich fragt, was wir hier wohl gesucht haben.
22. Juni
Nicht minder erlebnisreich ist unser Besuch im Salam Center, einer koptisch-christlichen Organisation mitten in einem der sogenannten Müllviertel Kairos. Die Menschen hier leben vom Müll, indem Sie ihn sortieren, recyclen und vom mageren Ertrag zu leben versuchen. Das gelingt natürlich nur bedingt. Kinder werden als Arbeitskräfte benötigt. Eine Schule für Sie kann sich keiner leisten. Viel Arbeit ist nötig, um Eltern von Sinn und Zweck einer Ausbildung für Ihre Kinder zu überzeugen. Krankheit bedeutet Verdienstausfall. Wie überall in der Stadt ist eine gute Behandlung oft unerschwinglich. Das Salam Center um Schwester Mary, Ihre Mitschwestern und alle Mitarbeiter kümmern sich aufopferungsvoll um die Menschen, die zu Ihnen kommen. Religiöse Barrieren gibt es hier nicht. Wer bedürftig ist wird mit offenen Armen empfangen. Verschiedene Schulklassen, Kindergärten und das angeschlossene Krankenhaus sorgen für die dringendst benötigte Hilfe. Da man auf Spendengelder angewiesen ist und staatliche Unterstützung nur spärlich fließt, kommt der von uns gesammelte Betrag gerade zur rechten Zeit. Unter anderem sichert er den Schulbesuch von 100 Kindern für ein ganzes Jahr. Auch hier ist noch viel zu tun. Das Krankenhaus ist zu klein und wird daher derzeit erweitert. Viel Geld ist nötig. Die mangelhafte Ernährung, der Umgang mit dem Müll und die allgemeinen daraus resultierenden Lebensumstände machen krank.
Doch auch hier konnten Lichter der Hoffnung entfacht werden. Beim Besuch der Klassen und der Kindergärten zeigt sich wieder, wie dankbar und mit welcher Herzlichkeit der empfangen wird, der auch von Herzen gibt.
Projekte des Herzens
Auf der Reise wurde mir sehr deutlich, was der Name unseres Vereins wahrlich bedeutet. Öffne Dein Herz, lasse Dich führen und du findest genau die Menschen, die Deine Hilfe benötigen. Gott führt und lenkt.
Lasst uns also helfen und Gutes tun.